CFP Kunstpädagogik der Komplexität

Auf der Suche nach gemeinsamen Fachlichkeiten

Frage nach der Fachlichkeit scheint in der Kunstpädagogik weniger leicht beantwortbar als in anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Gerade wissenschaftlicher Nachwuchs sieht sich mit grundlegenden Fragen konfrontiert: In was für einem Feld positioniere ich mich? In welcher/n Tradition(en) bewege ich mich? Von welchen grenze ich mich ab? Was ist das genuin ›Kunstpädagogische‹ an meiner Forschung? Oft wird als Antwort auf diese Fragen ein ›Kern‹ des Faches beschworen, den man auch kritisch betrachten kann. Denn vielfach bleibt diese ›Einheitsvorstellung‹ eine Behauptung und wird als Argument für exkludierende, hegemoniale Diskurspraktiken genutzt. Statt Anschlüsse zu suchen, wird das Trennende betont, alternative oder abweichende Positionen werden disqualifiziert. Erzählungen von ›Nullpunkten‹ und Verdrängung sich nicht einfügender wissenschaftlicher Beiträge in den »hidden Stream« (Tewes 2018) bestimmen mitunter kunstpädagogische Theoriebildung. 

Dabei entspricht Kunstpädagogik eben nicht einer eindeutigen und vor allem binären Logik. Eine auf Komplexität ausgerichtete begriffliche, wie fachliche Bestimmung, fokussiert stattdessen plurale Bezugsmöglichkeiten, und bezieht auch uneindeutige oder paradoxe Strukturen mit ein, die zu den fachlichen Logiken gezählt werden müssen (Henschel 2019). Selbstverortung und Selbstbeschreibung werden damit keineswegs obsolet, aber das Ziel und ihre Funktion verändern sich: Wollen wir uns als Fachcommunity verstehen, die sich aufeinander bezieht und miteinander vernetzt, müssen wir die Frage nach der gemeinsamen Fachlichkeit anders stellen und die Bezüge unserer Ansätze in ihrer komplexen Struktur wirksam werden lassen.
Welche erkenntnistheoretischen und ontologischen Fundierungen, welche normativen oder ideologischen Implikationen liegen der eigenen Forschung zugrunde? Wie können diese sinnvoll reflektiert und verhandelt werden? Dies beinhaltet auch die Offenheit für berufliche Felder und Wirkungsorte kunstpädagogischer Theorie und Praxis und somit unterschiedlicher Berufsbiografien, die sich weder ausschließlich im akademischen noch ausschließlich im pädagogisch-praktischen Bereich verorten, sondern vielmehr Übergänge und Zwischenbereiche produktiv zu machen suchen.

 

Die Möglichkeit überraschender Allianzen in einer heterogenen, komplexen Wissenschaftscommunity

Es erscheint uns möglich, sich zu vernetzen und sich aufeinander zu beziehen, ohne bereits im Vorhinein einen gemeinsamen Kern oder eine einheitliche Position zu behaupten. Stattdessen können wir fachliche Gemeinsamkeiten — und Differenzen — erkunden, indem wir die Anderen als solche wahrnehmen und nach Anschlussstellen, Bezügen sowie gemeinsamen Fragen und Anliegen suchen, z.B. Kunstunterricht weiter zu entwickeln, Antworten auf aktuelle Krisen und Problemstellungen zu finden, neue Methoden und Theorien zu entwerfen und Kunstpädagogik als Wissenschaft insgesamt voranzubringen. Anders gewendet: Welchen Beitrag leistet die jeweils eigene Forschung und wo — und wie? — verortet sie sich im kunstpädagogischen Feld? So visieren wir eine Vernetzung über die Lehrstühle und Positionen hinweg an, in der auch neue und überraschende Allianzen für eine dichte, vernetze und diskursiv streitbare kunstpädagogische Forschung und Theoriebildung und zur gegenseitigen Unterstützung im wissenschaftlichen Feld gebildet werden können.

Die Tagung am 05.-07.10.2023 verfolgt das Ziel, Vernetzung, Austausch und kritische Diskussion aktueller kunstpädagogischer Forschung aus Nachwuchsperspektive zu fördern und zu verbessern. Zusammen wollen wir neue und spannende Ansätze diskutieren und ausprobieren. Als einen ersten Zugang zu diesen komplexen Verhältnissen schlagen wir folgende Themenfelder bzw. Fragekonnexe vor, von denen wir glauben, dass sie einen breiten und kritisch-reflexiven Rahmen spannen:

  • Gesellschaftspolitik und politische Verantwortung:
    Was erforschen wir, für wen und warum? Woran arbeiten wir, für wen und warum? Wie ist ein differenzsensibles, machtkritisches und solidarisches Lehren, Lernen und Forschen im kunstpädagogischen Feld möglich?
  • Spannungsfeld Von Interdisziplinarität und Fachlichkeit:
    Wie entwickelt sich kunstpädagogische Fachlichkeit im Kontext sich weitender Kunstbegriffe und neuerBezugsdisziplinen? Wie lassen sich komplexe Relationen in und über das Fach hinaus denken und praktizieren?
  • Wissenstransfers:
    Inwiefern kann das Spannungsverhältnis zwischen kunstpädagogischer Theorie und Praxis produktiv gemacht werden? Wie können divergierende, auch widersprüchliche Positionen sinnstiftend werden?
  • Zusammenarbeit:
    Wie wollen wir zusammenarbeiten? Welche Formen der Kooperation/Kollaboration gibt es bereits und wie könnten diese verstetigt werden?

 

Einreichung von Beiträgen

Wir laden herzlich ein, Abstracts zu Beiträgen (Vortrag, Präsentation, Workshop) einzureichen. Auch Beiträge jenseits der üblichen Form sind willkommen.Für die Abstracts bitten wir bis zum 15.05.2023 um folgende Angaben:

Ein Abstract scheint nicht geeignet um zu sagen, was gesagt werden sollte? Alternativen sind willkommen!
Einreichungen und Anmeldungen sind möglich unter dieser Mail: Josephine.roth@uni-koeln.de
Wir freuen uns uns über rege Teilhabe, progressive Aufschläge und experimentelle Eingaben!

Call als PDF.

Die Tagung wird gefördert durch Die Universität zu Köln und die Sozietät Kunst Medien Bildung.