Prof. Dr. Gundel Mattenklott (* 13. Oktober 1945 in Berlin; † 20. April 2024)
„Die Faszination der alten wie der modernen literarischen Metamorphosen liegt nicht zum wenigsten darin, dass sie uns wie am eigenen Leib spüren lassen, was der schmerzliche Abschied von einem vertrauten Leben bedeutet, die Verletzungen des Selbstgefühls durch ungewohnte Einschränkungen, die Ausgrenzung aus der Welt der Unverwandelten, zuweilen auch die neu gewonnene Macht und Lebensenergie – alles Gefühle, die wir während der Übergänge und Grenzüberschreitungen im Lebenslauf kennenlernen und die uns die Literatur besser verstehen und vielleicht zu bewältigen helfen kann.“
(Gundel Mattenklott (2011): Literatur als Bildung der Gefühle. In: ZEITSCHRIFT ÄSTHETISCHE BILDUNG, NR. 1, JG. 3)
Die wissenschaftliche Sozietät für Kunst Medien Bildung trauert um ihr Gründungsmitglied, die Literatur- und Erziehungswissenschaftlerin Prof. Gundel Mattenklott, die am 20.4.2024 im Alter von 79 Jahren verstarb. Als Professorin für Musisch-Ästhetische Erziehung lehrte sie seit 1990 an der an der Universität der Künste Berlin, und war von 2010–2012 deren Vizepräsidentin.
Sie promovierte zum Werk von Adalbert Stifter und habilitierte in den Erziehungswissenschaften an der FU Berlin. Sie arbeitete zu vielfältigen Themenfeldern mit markantem Fokus auf die ästhetische Bildung und Erziehung der frühen und mittleren Kindheit. Weitere Forschungsschwerpunkte bearbeiten den interdisziplinären und bildungstheoretisch relevanten Zusammenhang von Literatur, Bildende Kunst, Musik, Tanz sowie der Garten- und Landschaftsarchitektur.
In diesem Zusammenhang gründete sie zusammen mit Kolleg:innen das renommierte Berliner Graduiertenkolleg „Praxis und Theorie des künstlerischen Schaffensprozesses“ (Universität der Künste Berlin, 1998-2005) und fungierte als dessen Sprecherin. 2009 gründete sie zusammen mit Constanze Rora die Zeitschrift „Ästhetische Bildung“, die bis heute maßgeblich den Fachdiskurs bestimmt. An der Universität der Künste entwickelte sie den Studienbereich „Musisch-Ästhetische Erziehung“ und gründete in Berlin eine freie Jugendkunstschule.
Ihre wissenschaftliche Tätigkeit war geprägt durch eine kontinuierliche Suche nach der epistemischen Dimension der Künste, wobei sie insbesondere Interaktionsprozesse, Entgrenzungen, Wechselspiele, Zusammenspiele und die Räume im Dazwischen auslotete. Ihr Interesse an den ästhetischen Dimensionen kindlicher Bildungsprozesse schloss unmittelbar daran an, und sie verdichtete ihre Erkenntnisse zu komplexen Essays.
Ihre anregenden Gedanken und Impulse waren insbesondere in der Gründungsphase der Sozietät maßgeblich für die inhaltliche und strukturelle Ausrichtung und prägt unsere Fachgesellschaft bis heute. Wir gedenken ihrer und ihrem wissenschaftlichen Oeuvre in Dankbarkeit und Verbundenheit.
Andreas Brenne